12 Mai 2017

DDR: Kader entscheiden alles

Die DDR nach der Wende
Wir wissen ganz genau, was vor dem Fall der Berliner Mauer passierte. Aber wir wissen so gut wie gar nichts darüber, wie es Ostdeutschland nach der Wende ging. Hier kommt die Übersetzung eines weiteren Teils des Artikels über Ostdeutschland.

Wir wissen nichts über die Tragödie, die die „sozialistischen“ Deutschen erleben mussten, nachdem sie begeistert die Mauer zerstört hatten, um ihre „kapitalistischen Brüder“ endlich umarmen zu dürfen. Sie konnten sich kaum vorstellen, dass ihr Land schon ein Jahr später verschwindet, dass es keinen gleichberechtigten Einigungsvertrag geben wird, dass sie einen Großteil ihre Bürgerrechte verlieren, dass es zu einem banalen Anschluss kommt – praktisch zu einer Besetzung Ostdeutschlands von Westdeutschland.

Deutsche Historikerin Brigitte Quek meint, dass die Ereignisse 1989 in Deutschland sich sehr dem ukrainischen Maidan ähneln. Massenmedien aus der ganzen Welt haben direkt und jubelnd übertragen, wie tausend junge Leute die Mauer zerstören. Keiner hat aber gefragt, was ein Land mit 18 Mio. Bevölkerung eigentlich will. Die DDR-Bürger träumten von Reisefreiheit und „besserem Sozialismus“. Sie konnten sich aber kaum vorstellen, wie der Kapitalismus aussieht. Es gab aber keine Volksabstimmung wie zum Beispiel auf der Krim. Also war dieser „Anschluss“ nicht legitim.

Mit der Perestroika und der Machtübernahme von Gorbatschow wurde es klar, was genau die DDR ohne sowjetische Unterstützung erwartet, die „Bestattung“ könnte aber durchaus würdig sein, - behauptet Wolfgang Schelike, der Direktor des Deutsch-Russischen Kulturinstituts. Das vereinte Deutschland kam zur Welt infolge einer übereilten und missglückten Geburt. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl beharrte auf einer schnellen Abwicklung der Wiedervereinigung, weil er Angst hatte, dass Gorbatschow abgesetzt wird.
Sein Motto war: Keine Experimente, die BRD wäre stärker, sie hätte geschichtlich bewiesen, dass sie besser als die DDR wäre. Dennoch haben die Intellektuellen verstanden, dass eine schnelle Einführung westdeutscher Gesetzte zu einem langfristigen Konflikt führen wird.

Am 3. Oktober hat die DDR aufgehört zu existieren. In der BRD wurde sogar ein spezielles Amt zur DDR-Bevormundung, als wären die Ostdeutschen zurückgeblieben und unvernünftig gewesen. Eigentlich hat Ostdeutschland einfach kapituliert. Und dann schon im nächsten Jahr haben ca. 2,5 Mio. Ostdeutsche ihre Arbeit verloren, und das bei 8,3 Mio Arbeitsplätzen insgesamt.

Als Erste wurden fast alle Beamten rausgeschmissen, - erzählt Peter Steglich, der ehemalige DDR-Botschafter in Schweden. - Wir wurden einfach angeschrieben: Ihr seid entlassen, die DDR gibt es nicht mehr. Ich wurde arbeitslos und auf das Geld meiner spanischen Frau, die als Dolmetscherin arbeitete, angewiesen. Für mich war das aber noch halb so schlimm, da ich bald in die Rente ging, aber für die jungen Diplomaten mit ausgezeichneter Ausbildung war das eine Tragödie. Sie haben sich bei dem Auswärtigen Amt beworben, haben aber alle eine Absage bekommen.

Danach folge die Zerstörung der DDR-Flotte und der Armee, der zweitstärksten Armee des Warschauer Vertrags. Alle Offiziere wurden entlassen, einige mit einer jämmerlichen Rente, andere ganz ohne Rente. Den Arbeitsplatz konnten nur technische Fachleute behalten, die mit den sowjetischen Waffen umgehen konnten.

Dann kamen aus dem Westen anscheinend unfehlbare Verwalter, deren Ziel es war, das alte System zu demontieren, das neue zu installieren, schwarze Listen zusammenzustellen, sowie Säuberungen durchzuführen. Spezielle Ausschüsse sollten ideologisch unbeständige Mitarbeiter enthüllen.

Auf diesem Weg wollte also die „demokratische“ BRD mit der „totalitären“ DDR fertig werden.
In der Politik sind nur die Besiegten an allem schuld.

Am 01. Januar 1991 wurden alle Mitarbeiter der Berliner Justizdienste als ungeeignet für die Wahrung der demokratischen Ordnung entlassen. Am gleichen Tag wurden an der Humboldt-Universität die historische, juristische, philosophische und pädagogische Fakultäten aufgelöst. Die Dozenten und Professoren wurden ohne Anrechnung der Arbeitsjahre rausgeschmissen.
Außerdem mussten alle Lehrer, Professoren, Gelehrte sowie Verwaltungsmitarbeiter im DDR-Bildungswesen Selbstanzeigen machen, wo sie über ihre politische Ansichten und Parteizugehörigkeit zu berichten hatten. Im Falle von falschen bzw. unvollständigen Angaben drohte eine umgehende Entlassung.

Die Säuberungen fanden auch in den Schulen statt. Frühere Lehrbücher wurden als ideologisch schädlich weggeworfen. Dabei galt das DDR-Bildungssystem als eines der besten in der Welt. Es wurde zum Beispiel erfolgreich von Finnen übernommen.

In erster Linie wurden die Schulleiter entlassen, die SED-Mitglieder waren. Die Arbeit haben auch viele Lehrer des geisteswissenschaftlich Bereichs verloren. Diejenigen, die verschont blieben, mussten irgendwie überleben, und das ging nur mit Angst. Also offen diskutieren ober den eigenen Gesichtspunkt auszusprechen wurde schon wieder unmöglich.

Entlassen wurden auch viele Russischlehrer. Englisch wurde zum Pflichtfach. Russisch, Tschechisch oder Polnisch konnte man nur als Drittsprache - falls gewünscht - auswählen. Im Ergebnis haben manche Ostdeutsche Russisch vergessen, Englisch aber trotzdem nicht beherrscht.

Quelle
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1 Kommentar:

  1. Naja, die Frage war, wie gliedert man eine Staatswirtschaft an eine gemischte Wirtschaft an. Ich war zu der Zeit in West-Berlin, nie hatte ich stärker den Eindruck, daß die Zeitungen beim Druck schon veraltet sind. Der Kippunkt war die Einführung der DM. Dies schnitt von einem Tag auf den anderen die DDR-Betriebe von ihren Lieferanten und Kunden ab, denn diese konnten keine Devisen aufbringen. Im Moabiter Dönerimbiß waren DDRbürger, die die DM feierten. Ich dachte "Prost Arbeitslosigkeit" und schlich mich davon, denn mir war klar, daß nun erstmal alle arbeitslos werden würden.
    Ich habe ziemlich lange mit der Art der Vereinigung gehadert, z.B. hätte es mE eine Abstimmung in der DDR geben müssen. Allerdings stellten sich Lafontaine und Co. derart doof an, daß den Ostlern nichts anderes übrigblieb, als Kohl zu wählen und die Sturzgeburt samt Wildost-Elend einige Jahre inkauf zu nehmen.

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