13 Februar 2019

Hier kommen Züge pünktlich an

Schwedische Korrespondentin

Im Russischen gibt es kein Wort für "Schneechaos". In Russland kommen Züge trotz des schlechten Wetters pünktlich an.


Warum verkehren denn russische Fern- und Vorortszüge strikt nach dem Zeitplan, während Züge in Schwegen immer wieder stehen bleiben?

Der Moskauer Korrespondentin der schwedischen Zeitung "Dagens Nyheter", Anna-Lena Laurén, scheint die Antwort auf diese Frage gefunden zu haben.

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Ich fahre fast täglich mit dem Metro und O-Bus in Russland. In Moskau sind die öffentlichen Verkehrsmittel inzwischen sehr gut ausgebaut. Es gibt Busse, O-Busse, Straßenbahnen, Metro und Hochgeschwindigkeitszüge. Jeden Morgen gelangen Hunderttausende von Menschen aus den Vororten mit Vorortszügen in die Innenstadt. Am Abend reisen sie dann zurück.

Ich würde nicht sagen, dass es in diesen Zügen besonders gemütlich ist, oder es besonders gut riecht. In einem überfüllten O-Bus im Stehen zu fahren, und im Stau hin und her zu wackeln, ist auch nicht unbedingt die angenehmste Art und Weise, um zum Arbeitsplatz zu gelangen. In Metro muss man sich fast die Ohren zuhalten, um vom Rumpeln der Waggons nicht taub zu werden.

Aber die Tatsache bleibt: Man kann sich auf den russischen öffentlichen Verkehr verlassen. Er funktionieren wirklich.

Ob Züge, Oberleitungsbusse oder Metro: In Russland läuft alles nach Zeitplan, und zwar unabhängig von Temperaturschwankungen, Frost, Matsch oder Eis. Und im Winter sind Moskauer öffentliche Verkehrsmittel auch noch sicherer als Taxi, weil Taxifahrer nicht immer rechtzeitig auf Winterreifen umsteigen.

In Sibirien fallen die Wintertemperaturen oft unter minus 40 Grad, aber die Eisenbahn hat fast nie Probleme mit dem Schnee. Züge fahren dort eben wie auf Schienen.

Ich habe meine Freundin, die im östlichen Vorort von Moskau - Stadt Zhelesnodorozhnyj - wohnt - auf das Thema Verkehrsmittel angesprochen. Sie kommt übrigens jeden Morgen mit dem Vorortszug zur Arbeit und kehrt auch jeden Abend auf dem gleichen Weg nach Hause zurück. Auch in diesem Winter, der in Moskau ungewöhnlich schneereich ist.

"Bist Du schon mal zu spät zur Arbeit gekommen, weil es zu stark schneite oder zu kalt war?“, frage ich sie. “Zu spät? Nein. Die Schienen werden doch gereinigt “, die Freundin hat sich sichtlich über meine Frage gewundert. Dann fügte sie allerdings hinzu: "Nur einmal hat sich der Zug tatsächlich verspätet. Es war im Herbst, als Schienengleise wegen Eisregen unbefahrbar wurden". Aber die Verspätung war ja unbedeutend klein. Man hat doch sofort Leute geschickt, die den Weg frei gemacht haben!"

Die Schlüsselphrase lautet hier: "Leute schicken".

In Russland sind alle Eisenbahnen und auch alle Betriebe, die für die Instandhaltung der Eisenbahn zuständig sind, immer noch in staatlicher Hand. Es gibt eine ganze "Armee" von Mitarbeitern, die unverzüglich geschickt werden, um Schnee zu räumen oder Eis zu wälzen, sobald der Bedarf besteht.

Der Unterschied zwischen Russland und Schweden ist in diesem Fall sehr einfach. Es geht um die Zahl der eingesetzten Hände. Wenn sich die Temperaturen ändern, oder schlechtes Wetter ausbricht, schicken die "Russischen Eisenbahnen" sofort Leute, um das Problem zu beheben. Wenn es sein muss, dauert der Einsatz die ganze Nacht durch.

Es stellt sich also die einzige Frage, wohin menschliche Ressourcen geschickt werden sollen. In Russland gilt es immer noch als normal, dass viele Mitarbeiter der "Russischen Eisenbahnen" hauptsächlich körperliche Arbeit verrichten.

Und ich kann nur hoffen, dass die "Modernisierung" in Bezug auf die Instandhaltung der  Eisenbahnen, wie wir sie in Schweden kennen, niemals in Russland ungesetzt wird.


Quelle

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1 Kommentar:

  1. Tja, in den 60er Jahren plakatierte die Deutsche Bahn noch "alle reden vom Wetter. Wir nicht.", und die Züge fuhren pünktlich auch bei Schnee und Hitze. In Berlin gab es Mitte des 20. Jhdts Schienenheizungen. Vorbei, vorbei. Wartung wird eingespart, nur noch auf Verschleiß gefahren, und alles läuft auf knappster Kante und und ist ein tägliches Hindernisrennen geworden. Noch vor 20 Jahren wurde "die U-Bahn kam nicht" als Entschuldigung für Zuspätkommen in Berlin empört zurückgewiesen. Inzwischen ist es Alltag.

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